Liebe Doris,
nun hast Du Deine letzte Reise angetreten, eine Reise, die schon so viele Jahre zuvor begonnen hat. Ich habe es mir für Dich so oft gewünscht, dass Du loslassen kannst und mich gleichzeitig auch davor gefürchtet. Denn vielleicht waren es auch nur wir, die Dich nicht loslassen konnten, weil wir einen Ort, einen Raum brauchten, an dem wir dich wussten, an dem wir Dich finden und sehen konnten und so die Endgültigkeit Deines „Nicht-mehr-für-uns-dazu sein“ verdrängen konnten.
Ihr Kurven-Giglers wart und seid ein wichtiger Teil meiner Familie, wir sind so „gleim nebeneinand “ zusammen aufgewachsen. Hansi und ich sind mit Azi zusammen in die Schule und später gemeinsam ausgegangen und ansonsten haben wir unsere Cousins oder Cousinen eh in der „Quetschn“ getroffen. Wir haben so viele Anlässe gemeinsam gefeiert oder auf Schiclubveranstaltungen zusammengearbeitet. Mein Highlight waren immer die Thekendienste mit Dir beim Rader: Zuerst ordentlich schuften und danach gemütlich zusammensitzen und selber ordentlich was zu trinken. Und ohne, dass Du mit Deiner wunderschönen Stimme Kärntner Lieder angestimmt hast und wir mitgesungen haben, ging ein Veranstaltung oder eine Feier fast nie zu Ende. Auch heute kommt es ganz selten vor, dass ich auf die Zlatting komme und nicht einen Deiner Brüder bei Hansi treffe. Gerhild ist als einzige von euch Geschwistern schon als junger Mensch wegezogen. So richtig kennen und schätzen lernen durfte ich sie aber in den letzten Jahren, wo sie mehr Zeit in Trebesing als in Vorarlberg verbracht hat, um bei Dir und für Dich da zu sein.
Umso mehr man sich einem Menschen verbunden fühlt, umso weniger findet man Worte seinen Verlust zu beschreiben und umso schwerer fällt es, tröstende Worte für seine Familie zu finden. Wie soll man eine Mutter trösten, die ihr eigenes Kind, ihr geliebtes „Zornbinkele“, zu Grabe tragen muss, denn eigentlich sollte es ja umgekehrt sein. Wie soll man eine Tochter trösten, die schon als junger Mensch über sich hinauswachsen und alle Pflichten übernehmen musste, die eigentlich eine Mutter für ihre Tochter übernimmt. Wie soll man einen Sohn trösten, der innerhalb von sieben Monaten beide Elternteile verliert. Wie soll man Geschwister und Schwägerinnen trösten, die eigentlich zusammen alt werden und über gemeinsam Erlebtes lachen sollten oder Nichten und Neffen, die, wie Wolfgang es im Namen aller formuliert hat, von Dir geliebt und behandelt wurden, wie Deine eigenen Kinder.
Was mich tröstet ist, dass ich weiß, dass Du dort wo Du jetzt bist, gut aufgehoben bist und von all den Menschen, die Dir vorausgegangen sind und die für uns „Giglers“ wichtig waren, da oben genauso geliebt wirst, wie von uns herunten. Und Dein Papa hat sicher wie Du oben angekommen bist zur Gummerner Oma gesagt: „Lei dasst du es wast, z‘erst umorm und druck oba i unsa Dirndl!“ und daraufhin hast Du sicher Dein einzigartiges, ansteckendes Lachen erklingen lassen.
Du warst mit Deiner Lebensfreude, deiner Herzlichkeit, Deinem trockenen Humor und Deiner Stärke mit allen Widrigkeiten des Lebens zurechtzukommen ein ganz besonderer Mensch für mich. Jeder von uns mag seine eigenen Erinnerungen an Dich und seine eigenen Erlebnisse mit Dir haben, aber was uns alle verbindet ist, dass Du für uns ein wichtiger Teil unseres Lebens bist und bleiben wirst.
Pfiat Di Cousine, hob Di lieb
und sing in Herrgott do obm a poar Kärntner Lieda vor, des gfreit ihn sicha!